AKTUELLES

Schulprojekt ACF 2023/2024


bafoussam / kamerun

Ab Anfang September sieht man überall in den Straßen wieder Kinder mit Schuluniform. Die Sommerfeien sind vorbei, die Schule fängt in Kamerun wieder an. Der ACF startet in ein neues Schuljahr. Auch in diesem Sommer sind wieder Familien aus der Nordwest- und Süd­west­­region geflohen. Viele sind neu in Bafoussam angekommen.

Der bewaffnete Konflikt in den beiden west­lichen Regionen dauert nun sieben Jahre an und so lange wird dort auch schon regulärer Schulunterricht verhindert.

Viele Familien hatten gehofft, dass irgend­wann wieder eine gewisse Normalität ein­kehrt und die Schulen geöffnet werden. Aber das ist nicht der Fall. Und irgendwann sollen die Kinder wieder in die Schule gehen und etwas lernen!

Also macht sich die Familie wohl oder übel auf Richtung Osten in die frankophonen Regionen.

Aber es ist gar nicht so einfach, wenn man in Bafoussam ankommt: alles ist fremd, überall wird Französisch gesprochen. Man braucht ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen. Es fehlt am nötigsten.

Also fragt man: „Wohin kann ich mich wenden? Wo bekomme ich Unterstützung?“ Und landet im Büro des ACF!

Dem ACF liegt ganz besonders die Schulbildung der Kinder am Herzen, weil sie der Schlüs­sel zu Ausbildung, Berufstätigkeit und Selbst­bestim­mung ist. Deshalb ist das Schulprojekt das Kern­stück der Vereinsarbeit.

Schulprojekt bedeutet, dass jedes Kind das bekommt, was es für einen erfolgreichen Schulbesuch braucht.

Für manche Kinder heißt das finanzielle Unterstützung für Schulanmeldung, Schulgeld, Bücher, Hefte, Schreib­material, Prüfungsgebühren und Schuluniform, die in Kamerun verpflichtend ist.

Die meisten Familien brauchen darüber hinaus orga­ni­sa­torische Unterstützung bei der Schulanmeldung.


Andere Kinder brauchen aber mehr Betreuung. Ein Kind, das jahrelang nicht mehr in der Schule war, muss sich erst wieder an geregelten Unterricht, Konzen­tration, Lernen und Hausaufgaben gewöh­nen. In Kamerun sind die Klassen oft sehr groß. Mehr als 100 Kinder in einer Klasse in staatlichen Schulten sind keine Seltenheit. Das erschwert den Einstieg zusätzlich.

Also bietet der ACF gezielte Nachhilfe, Einzelbetreuung, Beratung von Eltern und Lehrern und psychologische Gespräche an.

Angebote zur Freizeitgestaltung sind auch sehr wichtig. Traumatisierte Kinder brauchen unbeschwerte Zeiten zum Spielen, Singen, Basteln, Toben und Tanzen.

Bisher gehörte zum Schulprojekt eine wöchentliche verbindliche Kinder- und Jugendgruppe am Sonntag­nachmittag. Hier gibt es ab diesem Schuljahr eine Neuerung. Die Gruppe findet nur noch einmal im Monat statt.

Dafür startet eine Nachmittagsbetreuung an fünf Werktagen in der Woche. Von 15.30 – 18.00 Uhr werden die Räume des ACF für alle Kinder des Schulprojekts, aber auch für Freunde und Nachbarn geöffnet.

In der Mittagsbetreuung können die Kinder ihre Hausaufgaben machen und lernen, aber auch spielen, basteln, tanzen, Musik machen, toben und singen. Es gibt stille Ecken zum Lesen und Träumen und Bastel­tische mit Kreativmaterial. An jedem Nachmittag sind mehrere Lehrer:innen und eine Sozialpädagog:in zur Be­treu­ung vor Ort.


Jedes Kind kann nach seinen Bedürfnissen am Nachmittag kommen und die Zeit gestalten. Durch die eigenen Räume sind auch länger dauernde Workshops und Kreativangebote möglich.

Wir sind schon sehr gespannt, wie diese neue Möglichkeit genutzt wird und sich ent­wickelt. Wenn möglich werden dieses Schuljahr 200 Kinder im Schulprojekt unterstützt. Der Bedarf ist auf jeden Fall da, allerdings hängt es von den finanziellen Möglichkeiten des ACF ab. Die gesamte Arbeit wird aus Spenden finanziert, es gibt keine staatliche Unterstützung.


Wir freuen uns deshalb über jede finanzielle Unterstützung, ob klein oder groß, gerne auch regelmäßig, damit viele Kinder wieder erfolgreich in die Schule gehen können!

Catch up classes 2023


In den Sommerferien in die Schule? – Na klar!

In Kamerun ist das Schuljahr Ende Juni zu Ende. Die letzten Prüfungen sind geschrieben, die Zeugnisse wurden verteilt.

Aber beim ACF kehrt keine Sommerferienruhe ein! Hier geht es bunt und quirlig zu, weil die letzten Vorbereitungen für die Catch-up-classes der Schulkinder getroffen werden.


„Catch-up-classes“ – Was ist denn das?


Wörtlich bedeutet es „Aufholklassen“ und man kann sich darunter eine Art Nachhilfeschule in den Sommerferien vorstellen.


Aber warum ist das wichtig? Dafür gibt es mehrere Gründe:

Zum einen ist es in Kamerun nicht üblich, dass ein Kind eine Schulklasse wiederholt, egal wie seine Noten sind. Das bedeutet, dass Lücken aus einem Schuljahr in die nächste Klasse mit­genommen werden, sich damit vergrößern und der Unterrichtsstoff immer schlechter ver­standen wird.

Zum anderen sind die Schulklassen sehr groß. 40 und mehr Schüler:innen sind keine Seltenheit. Die Lehrer:innen können sich so nur wenig individuell um einzelne Schüler:innen kümmern.

Außerdem wird viel Frontalunterricht durchgeführt, der sehr auf Auswendiglernen und wenig auf eigenständiges Denken und Kreativität ausgerichtet ist.


Alle diese Punkte sind für Kinder, die aufgrund der anglophonen Krise jahrelang nicht in die Schule gehen konnten und fliehen mussten, besonders schwierig.

Hier setzt der ACF an. Vom 3. Juli bis zum 25. August 2023 findet zum vierten Mal das Nachhilfe- und Freizeitprogramm des ACF für 120 Kinder statt. Dem kamerunischen Verein ist es sehr wichtig, dass jedes Kind in seiner Lernbiographie individuell unterstützt wird, damit es Fortschritte und Erfolgserlebnisse sieht und deshalb wieder gerne in die Schule geht, gut lernen kann und Aussicht auf einen guten Schulabschluss hat.



Der erste Schritt ist der Kontakt zu den Eltern. Wer sein Kind angemeldet hat oder sich das noch überlegt, wird bei einem Elternabend über den genauen Ablauf und die Zielsetzung der Sommer­klassen informiert. Nur wenn die Eltern den Unterricht unterstützen, können die Kinder davon profitieren.

Der nächste Schritt ist eine Fortbildung der Leh­rer:innen in Päda­go­gik und Didaktik durch Mit­arbeiter:innen des ACF. Die neuer­worbenen Kenntnisse und Fertig­keiten nehmen die Lehrer:innen natürlich auch in ihren Schulalltag im nächsten Schuljahr mit.


Dann geht es für die Kinder richtig los: Von Montag bis Mittwoch findet am Vormittag der Unterricht statt in Klassen mit maximal 25 Kindern, die von zwei Lehrkräften betreut werden.

In der ersten Woche geht es darum, den Wissens- und Fertigkeitsstand jedes einzelnen Kindes zu ermitteln. Daraus werden persönliche Lernpläne und Übungsaufgaben erstellt.

Und dann wird kon­zentriert ge­arbeitet. Grund­le­gen­de Lese- Schreib- und Re-chen­fähigkeiten werden vermittelt. So werden die Kin­der wieder an den Schulalltag heran­geführt und ihr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wird gestärkt.

Natürlich dürfen auch Spiel und Spaß nicht zu kurz kommen. Der Donnerstag ist reserviert für Sport, kreative Aktivitäten, Spiele, Geschichten, Gespräche und vieles mehr. Hier kommen die Mitarbeiter:innen des ACF, jugendliche Praktikant:innen und externe Mitarbeiter:innen zum Einsatz.

Diese Tage machen allen viel Spaß!

Es ist faszinierend zu sehen, wieviel die Kinder in diesen zwei Monaten lernen, wie sie sich entwickeln und ihr Selbstbewusstsein wächst. Niemand könnte das besser ausdrücken als Eltern in ihrem Feedback:

  • Mein Kind kann jetzt Wörter erkennen, lesen, buchstabieren, schreiben und erklären, was es liest
  • Mein Kind hat gelernt, kreativ zu sein, und verwendet zu Hause bereits Materialreste, um Blumen zur Dekoration des Hauses zu basteln. Sie ist ordentlicher und hält das Haus sauber.
  • Mein Kind war nie in der Schule, aber es kann sich jetzt durch Malen, Schreiben und Lesen ausdrücken. Es kann jetzt in der Öffentlichkeit sprechen.
  • Meine jüngere Schwester, die das Alter für die 3. Klasse überschritten hat, ohne lesen, Sätze bilden und verstehen zu können, was sie geschrieben hat, ist jetzt nach zwei Monaten hierzu in der Lage.


Die Durchführung der Sommerschule kostet natürlich Geld. Die Mitarbeiter: innen müssen bezahlt werden, Lern- und Bastelmaterial muss angeschafft werden. Es entstehen z. B. Kosten für Schulräume, Verpflegung, Putzmaterial sowie die psychologische Betreuung der Kinder und die professionelle Evaluation des Lernerfolgs.

Für die Familien sind die Nachhilfeklassen kostenlos und der ACF kann die Kosten nicht alleine tragen.

Wir freuen uns, wenn Du uns durch eine Spende unterstützt, so dass dieses und andere wichtige Projekte durchgeführt werden können. Vielen Dank!

HIGHLIGHTS DER FRAUENWOCHE

Die Frauenwoche ist eine jährliche Aktionswoche anlässlich des Welt-Frauentages. Ziele sind, dass geflüchtete Frauen sich austauschen und Fragen stellen können zu Familienplanung, Sexualkunde, Umgang mit Gewalt in der Familie, aber auch alternative Handlungsmuster kennen lernen. Zudem ist ein Tag sportlichen Aktivitäten gewidmet. An einem Tag tauschen Frauen ihre Lebenserfahrungen über Gewalt und alternative Reaktionen zur Vermeidung von Gewalt und Ideen aus, um die Gewaltspirale in Ehe und Familie zu durchbrechen.


Das Format des Forum-Theaters zielt darauf ab, Theater für alle zugänglich zu machen – als Mittel des Dialogs und zur Veränderung der gesellschaftlichen Realität. Die Teilnehmer:innen spielen Szenen aus ihrem wirklichen Leben nach. Anschließend hat das Publikum die Möglichkeit, Teil des Geschehens zu werden und die Rollen der Unterdrückten durch neue Handlungsmuster zu ersetzen.


Alle Bildungsthemen werden von den Teilnehmer:innen als wichtig und notwendig in ihrem täglichen Leben bewertet. Das Feedback der Teilnehmer:innen ist sehr positiv und zeigt, wie wichtig diese Aktionswoche für die Frauen war. Hier ein Ausschnitt aus den persönlichen Rückmeldungen der Teilnehmerinnen:

  • Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich mit der Motivation durch die Musik lernen konnte, Sport zu treiben.
  • Ich dachte, meine Mutter sei die einzige Frau, die unter Gewalt leidet. Die Woman Week hat mir die Möglichkeit gegeben, meine Mutter zu ermutigen, stark zu sein und selbst nach einer Lösung zu suchen.
  • In dieser Sitzung habe ich eine wichtige Lektion gelernt: Wenn Eltern vor ihren Kindern streiten, tragen sie dazu bei, sie auf weitere Gewalt vorzubereiten.
  • Hier habe ich gelernt, wie ich mit gewalttätigen Menschen umgehen kann.
  • Diese Lektion ist sehr gut. Ich wusste nicht, dass Frauen Sex genießen können.
  • Viele Dinge fehlten im ehelichen Zuhause.
  • Romantik oder Vorspiel ist eine neue Sache für mich, die ich seit 16 Jahren in der Ehe nicht kannte.
  • Der Kurs hat mir die Augen geöffnet, damit ich meinem Mann gegenüber nicht schüchtern bin.
  • Wie man die Vagina nur mit sauberem Wasser wäscht, ist wichtig für mich.
  • Das Wichtigste war die Fähigkeit, sich auf den Geschlechtsverkehr vorzubereiten.
  • Wie macht man Sexualaufklärung für Kinder, das war mir eine große Hilfe.
  • Stricken/Häkeln kann für mich eine Einkommensquelle sein.
  • Wie man Vaginalinfektionen erkennt, war für mich auch sehr wichtig.
  • Ich bin sehr froh, dass ich bescheid weiß darüber, dass und wie ich die Geburten meiner Kinder planen kann.
  • Es war schön, etwas über Familienplanung zu erfahren. Es war das erste Mal, dass ich so etwas wirklich erfahren habe.

Einsatzbericht von Lea und Niklas bei ACF

Wir sind Niklas und Lea aus Freudenstadt im Schwarzwald. Wir sind beide 19 Jahre alt und haben dieses Jahr die Schule beendet.


Da wir beide gerne direkt nach der Schule mit dem Studium weiter machen wollten, haben wir uns die Frage gestellt, wie wir die Zeit dazwischen sinnvoll nutzen können. Durch unseren familiären Bezug zu Afrika haben wir uns recht schnell für eine Reise nach Afrika entschieden. Glücklicherweise haben wir Johannes Stahl kennengelernt, welcher uns weiter an Heike in Kamerun vermittelt hat.


Heike hat vor vielen Jahren einen Kameruner geheiratet und ist mit ihm in die Stadt Bafoussam (Kamerun) ausgewandert. Mit ihrem Mann Michel hat sie 2018 einen Verein gegründet: ACF (Academie Camerounaise des Formations) entstand zwei Jahre nach Ausbruch des bewaffneten Konfliktes zwischen dem anglophonen und dem francophonen Teil Kameruns. Das Team von ACF kümmert sich um die inländischen Flüchtlinge (IDPs). Neben mentaler- und schulischer Unterstützung der Kinder kümmert sich ACF auch um die Familienangehörigen.


Ein Beispiel für die Arbeit von ACF ist die Sommerschule mit sogenannten ,,Catch-up Classes'' in zwei verschiedenen Schulen. Hier wird Flüchtlingskindern in der Zeit der Sommerferien geholfen, ihre Grundlagen im Rechnen, Schreiben und Lesen zu verbessern.

Unsere Aufgabe war es, in einer der beiden Schulen mit jeweils zwei Klassen die Lehrer vor Ort zu unterstützen. Unser Schwerpunkt lag darauf, die Kreativität der Kinder durch verschiedene Aktivitäten zu fördern. Mit den aus Deutschland mitgebrachten Bastelutensilien haben wir mit den Kindern gemalt und gebastelt.

Dabei haben wir beobachtet, dass viele Dinge, die für Kinder in Deutschland selbstverständlich sind, für die Kinder in Kamerun völlig neu waren, wie zum Beispiel mit der Schere oder dem Kleber zu arbeiten. Die Kinder waren begeistert und motiviert, mit uns zu arbeiten und unglaublich dankbar für unsere Arbeit mit ihnen.

Jede Woche dienstags haben wir außerdem im Büro von ACF einen Workshop für die älteren Jugendlichen angeboten. Zum Beispiel haben wir mit Ton geformt oder auch Freundschaftsarmbänder gemacht.


An den freien Wochenenden haben wir uns mit anderen Deutschen und Franzosen, die wir dort kennenglernt haben, getroffen. Zusammen haben wir viele Ausflüge ins Umland gemacht. Wir waren begeistert von der vielfältigen Natur Kameruns wie zum Beispiel den zahlreichen Wasserfällen, den Seen oder den Bergen.


Außerdem hatten wir die Möglichkeit, an einer kamerunischen Hochzeit teilzunehmen. Von einem traditionellen Gottesdienst mit viel Tanz und Gesang bis zur Feier am Abend ein spannendes Erlebnis!

Während unserem 6-wöchigen Aufenthalt haben wir uns stets willkommen und als Teil der Gemeinschaft gefühlt. Auch wenn uns auf den Straßen öfter hinterhergerufen wurde, war dies aus reiner Neugier und Interesse.


Die Arbeit mit den Kindern war für uns sehr prägend, da wir lernen mussten, mit sehr verschiedenen Schicksalen und Erlebnissen der Kinder umzugehen, von denen viele traumatisierende Erlebnisse verarbeiten mussten.

Wir sind unglaublich dankbar, dass uns die Möglichkeit geschenkt wurde, in eine für uns fremde Kultur einzutauchen und mit ihr zu leben.

Für uns persönlich nehmen wir aus dem Einsatz mit, dass wir viel dankbarer für unsere Privilegien in Deutschland sein sollten. Außerdem sind wir der Meinung, dass sich unsere Kultur ein Beispiel an Kamerun, an der Warmherzigkeit und Offenheit für neue Menschen und ihren Kulturen nehmen sollte.


Gerne würden wir in einigen Jahren nochmal zurückkehren, um zu sehen, wie sich die Personen, die wir dort kennen lernen durften, entwickelt haben und vor allem wie es ihnen geht. Wir hoffen aber insbesondere, dass sich bis zu diesem Tag die angespannte Lage vor Ort gelöst hat und es dadurch eventuell manchen Menschen möglich ist, in ihre Heimat zurückzukehren, um sich ein neues und hoffentlich besseres Leben aufbauen zu können. Außerdem freuen wir uns, die Kinder aus der Sommerschule wiederzusehen.




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